Cafe Union
Kurzinfos vom Prag-Guide
- Das Café Union war das tschechische Pendant zum Café Arco. Hier traf sich vor allem die tschechischsprachige Intelligenz.
- Die Einrichtung war eher schäbig und der Kaffee wurde nur "mit heldenmütiger Überwindung" (Karel Capek) getrunken, dennoch war das "Union" das Mekka der Intellektuellen.
- Das Gebäude, in dem das Caféhaus untergebracht war, wurde kurz nach dem Zweiten Weltkrieg abgerissen.
Adresse und Route per Google-Maps:
Na Perštýně 362/2, Prag
Wegbeschreibung:
Das Cafe befand sich an der Ecke Národní třída / Na Perštýně, ganz in der Nähe des heute noch existierenden Cafe Louvre. Das Gebäude, in dem sich das Cafe befand, wurde 1949 abgerissen.
Das Ende einer Epoche
"Ich apelliere an den Club für das alte Prag, das Denkmalsamt, die Künstler- und Literatenverbände, den Devetsil, an alle politischen Parteien und berühmten Verblichenen: Helfen Sie! Die Unionka ist bedroht! Tun Sie nicht so, als wüssten Sie nicht, was die Unionka bedeutet. Die Unionka ist ein Denkmal. Die Unionka ist ein Reservat. Die Unionka ist ein Ort, wo sich - da aus Pietät nicht gelüftet wird - der Atem von Literaten- und Künstlergenerationen staut. Jahrelang war ich nicht dort. Aber wenn ich dorthin ginge, würde ich gewiss den Atem meiner zwanziger Jahre wiederfinden. Ach, Du allerseligste Zeit!"
Dieser augenzwinkernde Hilferuf von Karel Capek, dem Mitbegründer der berühmten Künstlergruppe Devetsil, ist unerhört geblieben. Das Cafe Union, liebevoll von seinen Gästen Unionka genannt, existiert heute nicht mehr. Es verlor in den dreissiger Jahren immer mehr von seinem Glanz und 1949 wurde schliesslich das Gebäude abgerissen, in dem das vielleicht berühmteste Cafehaus von Prag beheimatet war. Es musste einem modernen Verlagsgebäude Platz machen.
Das damalige Aussehen des Cafes
Eine Augenweide war das Cafehaus gewiss nicht. Den Kaffee trank man "mit heldenmütiger Überwindung" (Karel Capek) und auch die Einrichtung konnte man kaum als nobel bezeichnen. Sie bestand aus vielen kleinen Marmortischen und an den Wänden lehnten Kanapees, "die mit rotem, etwas verschlissenem Plüsch bezogen waren" (Frantisek Langer). Das Cafe teilte sich in mehrere kleine, zumeist rauchgeschwängerte Räume auf und besaß zwei Eingänge. Einen "breiten für die anständigen Gäste" (Z. Kratochvil) und einen zweiten, der über einen engen Korridor an der Küche vorbeiging und direkt in die hinteren Zimmerchen der Künstler führte.
Bemerkenswert war noch der Zierstein am Eingang des Cafes mit einem flachen grinsenden Gesicht, vor dem sich Peter Demetz, der bekannte Literaturwissenschaftler, in seiner Kindheit immer gefürchtet hat.
Aufnahme in den erlauchten Kreis
Das "Union" war vor allem Treffpunkt der tschechischsprachigen Intelligenz. Bildende Künstler, Schriftsteller, Architekten, Redakteure und Kritiker gaben sich hier die Türklinke in die Hand, hatten ihren angestammten Platz oder flanierten durch die Räume, um die Diskussion einer anderen Gruppe zu verfolgen. Doch um in einen der Diskussionskreise aufgenommen zu werden, musste der Neuankömmling etwas Geduld aufbringen:
"Mancher betrat diese Kaffehauszimmerchen in der Überzeugung, er sei berechtigt, darin Platz zu nehmen. Aber er wurde zunächst, noch aus der Ferne und höflich, von allen beäugt, verhört und daraufhin abgeklopft, was er in sich hatte und was er leisten konnte. Dann bemerkte er, dass man sich entweder mit der Zeit an ihn gewöhnte und er also aufgenommen war oder dass ihm keiner mehr eine Frage stellte, sich nicht um ihn, seine Aussprüche und Ansichten kümmerte, bis er schliesslich selbst erkannte, dass er nicht hierher gehörte, und wegblieb. In seinem Urteil waren dann die Künstler aus dem Cafe Union aufgeblasene Gesellen, die von sich eine zu hohe Meinung hatten." (Frantisek Langer)
Oberkellner Patera
Zu beinahe ebenso grosser Berühmtheit wie viele seiner Gäste kam im Laufe der Jahre Oberkellner Frantisek Patera . Ungezählt sind die Anekdoten über den kleinen Mann mit der gedrungenen Gestalt, der immer etwas mürrisch wirkte. Doch sollte man sich von seinem Äusseren nicht täuschen lassen. Er war ein veritabler Mäzen der Prager Boheme. Ob nun die unbezahlte Tasse Kaffee, ein Darlehen (ohne Bürgen und Quittung) oder Zeitungen und Journaillen, die er aus eigener Tasche bezahlte: Oberkellner Patera war für seine Künstler da.