Die Habsburger Herrschaft in Böhmen und Prag
Die Habsburger Herrschaft in Böhmen war ein prägendes Kapitel in der Geschichte des Königreichs und dauerte mehrere Jahrhunderte an. Sie begann 1526 mit der Wahl Ferdinand I. von Habsburg zum König von Böhmen und endete formell erst 1918 mit dem Zerfall der Habsburgermonarchie und der Gründung der Tschechoslowakei.
Beginn der Habsburger Herrschaft
Nach dem Tod des böhmischen Königs Ludwig II. von Ungarn und Böhmen in der Schlacht von Mohács (1526) fiel die Krone Böhmens an die Habsburger. Ferdinand I. wurde von den böhmischen Ständen als neuer König gewählt, womit Böhmen in die Habsburgermonarchie integriert wurde. Dies brachte Böhmen unter den Einfluss des römisch-katholischen Kaisers, was langfristig zu Spannungen führen sollte, insbesondere mit den überwiegend protestantischen böhmischen Ständen.
Religiöse Konflikte und der Dreißigjährige Krieg
Die konfessionellen Spannungen in Böhmen erreichten einen Höhepunkt, als das stark katholisch geprägte Habsburg versuchte, die Gegenreformation voranzutreiben. Diese Politik provozierte zunehmend Widerstand in den protestantischen Ständen Böhmens. Der Zweite Prager Fenstersturz von 1618, bei dem königliche Statthalter aus dem Fenster der Prager Burg geworfen wurden, gilt als ein entscheidender Anstoß für Ausbruch des Dreißigjährigen Kriegs (1618–1648). In der entscheidenden Schlacht am Weißen Berg 1620 besiegten die Habsburger die böhmischen Stände und festigten damit ihre Herrschaft. Böhmen wurde anschließend rekatholisiert, und viele böhmische Adelige verloren ihre Ländereien oder gingen ins Exil.
Verlust der politischen Eigenständigkeit und der Absolutismus
Nach dem Sieg am Weißen Berg verloren die böhmischen Stände weitgehend ihre Autonomie, und die Habsburger errichteten eine absolutistische Herrschaft. Die Macht wurde stark zentralisiert und Böhmen in das Habsburgerreich eingegliedert. Auch das tschechische Kulturleben wurde stark von der deutschen Sprache und Kultur beeinflusst, und es begann eine Phase der kulturellen und politischen Unterdrückung.
Aufklärung und Reformen im 18. Jahrhundert
Mit der Regierungszeit von Maria Theresia (1740–1780) und später von Joseph II. (1780–1790) begann eine Zeit der Reformen. Diese Herrscher führten einige Modernisierungen ein, die auch Böhmen betrafen. Joseph II. versuchte, die Macht der Kirche zu beschränken und durch den Josephinismus eine stärkere staatliche Kontrolle einzuführen. Die Bauernbefreiung und andere Reformen in Verwaltung und Bildung brachten einige Verbesserungen für die Bevölkerung, stießen aber auch auf Widerstand, vorwiegend beim Adel und dem Klerus, da sie teilweise deren wirtschaftliche Vormachtstellungen und kulturelle Traditionen bedrohten.
Doch nicht in allen Bereichen herrschte ein fortschrittlicher Geist. Maria Theresia war eine überzeugte Judenhasserin und verwies per Dekret im Jahre 1744 alle Juden aus der Stadt. Erst nachdem sich Protest regte und die wirtschaftlichen Folgen für Prag zunehmend negativ wurden, erlaubte sie 1748 eine vorerst befristete Rückkehr. Erst das Toleranzedikt von 1782, das ihr Sohn verfügte, erlaubte erweiterte Freiheiten für Juden in Böhmen.
Nationalismus und die Revolution von 1848
Im 19. Jahrhundert erwachte das nationale Bewusstsein unter den Tschechen. Die tschechische Nationalbewegung setzte sich für eine stärkere Unabhängigkeit Böhmens und eine Wiederbelebung der tschechischen Sprache und Kultur ein. Während der Revolution von 1848 forderten tschechische Nationalisten mehr Autonomie innerhalb des Habsburgerreichs, was jedoch weitgehend unerfüllt blieb. Die revolutionären Bewegungen wurden schließlich vom Habsburger Militär niedergeschlagen.
Die dualistische Monarchie und die böhmische Frage
Die Schaffung der Österreichisch-Ungarischen Doppelmonarchie 1867 führte zu weiteren Spannungen, da die Tschechen innerhalb der neuen Staatsstruktur keine eigenständige politische Stellung erhielten. Böhmen blieb als Teil von Österreich ohne den gleichen autonomen Status wie Ungarn. Dies verschärfte die Forderungen nach Selbstbestimmung und vertiefte die tschechisch-deutschen Spannungen innerhalb Böhmens.
Das Ende der Habsburger Herrschaft
Der Erste Weltkrieg und die wachsende Unzufriedenheit führten schließlich zum Zerfall der Habsburgermonarchie. Mit dem Sieg der Alliierten 1918 und der Gründung der Tschechoslowakei endete die Habsburger Herrschaft in Böhmen. Die Monarchie wurde abgeschafft, und Böhmen ging als integraler Bestandteil des neuen tschechoslowakischen Staates auf.
Abschließend kann festgestellt werden, dass die Herrschaft der Habsburger in Böhmen durch eine wechselvolle Geschichte von Integration, religiösen Konflikten, kultureller Unterdrückung und einem letztlich erfolglosen Ringen der Tschechen um politische Autonomie geprägt war. Sie hinterließ aber auch architektonische und kulturelle Spuren, die bis heute in der Region zu sehen sind.