Tomáš Garrigue Masaryk – Erster Ministerpräsident der Tschechoslowakei

Frühe Jahre und Ausbildung
Tomáš Masaryk wuchs in einfachen Verhältnissen im mährischen Hodonín auf. Sein Vater war slowakischer Herkunft, seine Mutter Deutsch-Ungarin. Masaryk besuchte zunächst Schulen in Mähren und Wien und zeigte schon früh großes Interesse an Bildung und Philosophie. 1876 promovierte er in Philosophie an der Universität Wien. Während eines Studienaufenthaltes in Leipzig lernte er die US-Amerikanerin Charlotte Garrigue kennen, die er 1878 heiratete. Ihren Nachnamen nahm er als zweiten Vornamen an – ein symbolischer Akt, der seine weltoffene Haltung unterstrich.
Akademische Karriere und politisches Engagement
Masaryk wurde Professor für Philosophie an der Prager Karls-Universität und profilierte sich als Kritiker nationalistischer Übertreibungen und antisemitischer Strömungen. Bekannt wurde er unter anderem durch sein Engagement in der Hilsner-Affäre (1899), bei der er sich öffentlich gegen antisemitische Vorurteile stellte. Ab 1891 war Masaryk Mitglied des Reichsrates in Wien und vertrat eine gemäßigte Reformpolitik. Sein Ziel war es, den Slawen im Habsburgerreich mehr Rechte einzuräumen.
Weg in die Unabhängigkeit
Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs intensivierte Masaryk seine Bemühungen um eine staatliche Selbstständigkeit der Tschechen und Slowaken. 1915 ging er ins Exil, zunächst nach Italien, später nach London und in die USA. Dort gewann er Unterstützung für die Idee einer tschechoslowakischen Republik, unter anderem durch Kontakte zu US-Präsident Woodrow Wilson. 1918 war er maßgeblich am Zustandekommen der Washingtoner Erklärung beteiligt, die die Gründung der Tschechoslowakei proklamierte.

Ministerpräsident und Staatspräsident
Masaryk wurde am 14. November 1918 zum ersten Ministerpräsidenten der provisorischen Regierung gewählt und kurz darauf zum ersten Präsidenten der Tschechoslowakei. In den folgenden Jahren prägte er den jungen Staat entscheidend: Er setzte auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Minderheitenschutz. Masaryk wurde mehrfach wiedergewählt (1920, 1927 und 1934) und galt im In- und Ausland als moralische Autorität.
Rückzug und Tod
Aus Alters- und Gesundheitsgründen trat Masaryk 1935 zurück und übergab das Amt an Edvard Beneš. Er zog sich auf sein Schloss in Lány zurück, wo er am 14. September 1937 im Alter von 87 Jahren starb. Sein Tod wurde in der gesamten Tschechoslowakei mit großer Trauer aufgenommen – Masaryk gilt bis heute als „Vater der Nation“.