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Der Alte Jüdische Friedhof

Zur Geschichte des Prager Judenfriedhofs

Der Prager Judenfriedhof zählt zu den wenigen Zeugen des untergegangenen Ghettos und ist der bedeutendste, noch erhaltene jüdische Friedhof. Mit seinen ca. 12.000 Grabsteinen, die sich auf einem gedrängten Areal in bis zu zehn Schichten tief übereinanderstapeln, bietet dieser Wildwuchs an kreuz und quer aufeinanderliegenden Steinen und Grabplatten ein imposantes Gebilde, das kein Prag-Besucher versäumen sollte. Da der jüdische Glaube die Auflösung von Gräbern verbietet und es schon immer Platzmangel im ehemaligen Ghetto gab, behalf sich die Gemeinde mit einem erneuten Aufschütten bereits bestehender Grabschichten, das im Verlauf der Jahrhunderte zu den bizarren Formen führte.

Der Friedhof wurde zu Anfang des 15. Jahrhundert angelegt. Das älteste erhaltene Grab gehört dem Rabbiner Avigdor Kara, der hier 1439 beerdigt wurde. Die letzte Bestattung fand im Jahre 1787 statt. Durch die Assanierung ab 1893 verlor der Judenfriedhof ca. 1900 m² seiner Grundfläche. Dem Fortschritt musste auch der Ritus seinen Tribut zollen und so kam es, entgegen der religiösen Vorschrift, in dieser Zeit zur Umbettung von sterblichen Überresten in den verbliebenen Teil des Friedhofs.

Doch nicht nur der Friedhof als solcher ist eine Kulturdenkstätte ersten Ranges, sondern auch die Aufschriften und Symbole der Gräber sind wichtige Zeugen der Vergangenheit im Prager Ghetto. Neben dem üblichen Geburts- und Todesdatum erfährt man hier verschiedene biografische Details aus dem Leben des Verstorbenen: Welche Position er beispielsweise in der Gemeinde inne hatte, seine positiven Eigenschaften und welche gute Taten man vollbrachte. An den Symbolen dagegen lässt sich die Zugehörigkeit zu den biblischen Stämmen erkennen, die in die Steine eingemeißelt wurden. So besaß der Stamm der Kohen, deren Mitglieder oft Priester waren, als Zeichen die segnenden Hände; oder die Leviten, deren Privileg es war im Tempel Dienste leisten zu dürfen, finden sich im Bild des Kruges wieder. Aber auch allgemeine Symbole des Judentums, wie die Weinrebe, das für Fülle und Vielheit steht, kann man auf den Gräbern ersehen. Die Achtung vor gelehrten Menschen wird durch eine Krone ausgedrückt, andere Namen wurden durch Tiere oder Pflanzen versinnbildlicht. Auch die Berufe der Verstorbenen kann man erkennen: Der Schneider erhielt eine Schere, den Apotheker identifiziert man durch einen Mörser und das Grab des Musikers ziert eine Geige.

Eine weitere Eigenart wird jedem Besucher sicherlich auffallen: Auf vielen Gräbern kann man kleine Steinchen entdecken. Diese werden in der Regel von Bekannten und Verwandten des Verstorbenen mit der Absicht auf das Grab gelegt, den Toten symbolisch zu bedecken. Dieser Brauch stammt noch aus der Zeit der Wüstenwanderung, als man die Toten aufgrund der geographischen Lage mit Steinen begrub. Auf dem Grab des Rabbi Löw kann man zudem unter den Steinchen noch kleine Zettelchen finden, auf die gläubige Menschen Wünsche schreiben, in der Hoffnung, der wundertätige Geistliche möge sie erfüllen.

Neben Rabbi Löw, dessen Grabmal natürlich den größten Zulauf findet, kann man aber auch all die anderen bekannten vergangenen Größen der Prager Geschichte wiederfinden: den Primas und Wohltäter Mordechai Meisel, den Historiker und Astronom David Gans oder den Gelehrten David Oppenheim. Zu den schönsten Grabstätten gehört zweifellos das Grab von Heudele Bassevi, der Frau von Jakob Bassevi, der im 17. Jahrhundert als erster Prager Jude in den Adelsstand erhoben wurde.

Leider kann man viele Grabstätten nicht mehr direkt begehen, da nur noch ein schmaler Streifen um das Areal herum für den Publikumsverkehr freigegeben ist. Eine Vorsichtsmaßnahme, da aufgrund des Massenandrangs der Prager Judenfriedhof bedroht war und man zeitweilig sogar die komplette Schließung erwog.

Erwähnenswert ist noch das neoromanische Zeremonienhaus, das 1906 erbaut wurde und sich direkt am Ausgang des Friedhofs befindet. Im Inneren des Gebäudes kann man eine Ausstellung mit Zeichnungen und Schriften von Kindern aus dem KZ Theresienstadt besichtigen.

Der alte Judenfriedhof in der Literatur: Wilhelm Raabes "Holunderblüte"

Natürlich birgt ein Ort, der geschichtsbeladen ist und gleichzeitig so märchenhaft wirkt wie der Prager Judenfriedhof, Stoff für viele Geschichten. Und so nimmt es auch nicht wunder, dass schon viele Autoren diesen mystischen Ort in ihren Büchern beschrieben haben. Eine der bekanntesten Erzählungen ist die „Holunderblüte“ und stammt von Wilhelm Raabe.

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Adresse und Route per Google-Maps:

Široká 3, 110 00 Praha

Wegbeschreibung:
Man geht vom Altstädter Ring in die Pařížská, von da dann links in die dritte Querstrasse, die Široká, die man einfach entlang geht bis man zum Friedhof gelangt.

Route zum Alten Jüdischen Friedhof per Google-Maps »

Öffnungszeiten:

November - März: Mo, Di, Mi, Do, Fr, So, 9.00 - 16.30 Uhr
April - Oktober: Mo, Di, Mi, Do, Fr, So, 9.00 - 18.00 Uhr
Samstags und an jüdischen Feiertagen geschlossen.

 

Wichtiger Hinweis zu den Tickets für das Judenviertel

Wenn Sie eine Führung für das Judenviertel bei uns buchen, kümmern wir uns auch gerne um die Tickets. Weitere Infos finden Sie auf der Sonderseite:

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