Mordechai Meisel

Der Lebensweg

Mordechai Meisel wurde im Jahre 1528 im Prager Ghetto geboren. Da schon seine Eltern, Samuel und Dubra Meisel, durch Handelsgeschäfte zu erheblichem Wohlstand kamen, waren die Voraussetzungen für ein angenehmes Leben dem Sohn schon in die Wiege gelegt. Doch Mordechai Meisel ruhte sich nicht auf dem Wohlstand aus, sondern entwickelte selber schon bald ein außerordentliches Finanztalent gepaart mit einer feinen Sensibilität im Umgang mit Menschen. Vor allem seine erstklassigen Kontakte zum kaiserlichen Hof ermöglichten ihm eine priviligierte Stellung, die ihm für seine Unternehmungen die nötige Freiheit und auch Rechtssicherheit gaben. Meisel war ein maßgeblicher Finanzier des Königs im Kampf gegen die Türken. Als Dank wurde er zum Hofjuden ernannt und vor allem von Rudolf II. mit weitreichenden Sonderprivilegien ausgestattet. Beispielsweise hatte niemand das Recht sein Haus zu betreten, ihn zu kontrollieren oder in seinen Geschäften zu behindern. Meisel, der auch in zweiter Ehe kinderlos geblieben war, bekam sogar das Recht zugesprochen seine Erben zu bestimmen. Doch hierbei führte die Krone und insbesondere Rudolf II. ein Schurkenstück auf, das seinesgleichen suchte. Kaum nachdem Meisel sein Testament geschrieben hatte, liess der Kaiser seinen Majestätsbrief, in dem die Priviliegien festgehalten waren, aus den Amtsbüchern des Oberstgrafenamtes entfernen. Um dem Ganzen einen rechtmäßigen Charakter zu verleihen, gab er vorher ein Gutachten bei der kaiserlichen Prokuratur in Auftrag, das die Gültigkeit seines eigenen Majestätsbriefes überprüfen sollte. Natürlich kam man zu dem Ergebnis, dass der Majestätsbrief gegen die Verfassungsgesetze verstosse, da nur Angehörigen des Herren- und Ritterstandes, sowie in seltenen Fällen auch ein Angehöriger des Bürgerstandes in den Genuß dieser Privilegien kommen dürfe. Auf keinen Fall ein Jude. Damit erteilte sich die Krone den Freifahrtsschein um ungehinderten Zugriff auf das Vermögen Meisels zu erhalten. Darum erschienen sie auch nur vier Tage nach dem Tod des Juden, dem 17. März 1601, und beschlagnahmten sein Vermögen.

Der Mäzen und Bauherr

An seinem Wohlstand ließ der spätere Primas der Judenstadt auch die Gemeinde in einem hohen Maße teilnehmen. Der Mann, der durch Zinsgeschäfte viel Geld einnahm, gab es bereitwillig Bedürftigen und half der notleidenden Gemeinde wo immer er konnte. Sein Freund David Gans bezeichnete ihn als "Mäzen der Bildung, Helden der Wohltätigkeit, Vater der Armen und unermüdlichen Wohltäter seines Volkes, Freund seiner Glaubensgenossen und Oberhaupt des Kaufmannsstandes". Mag in diesem Epitaph auch der Schmerz um den Verlust des geliebten Freundes die Feder geführt haben, bleibt doch festzuhalten, dass die umfangreiche Bautätigkeit unter seiner Schirmherrschaft bleibende Spuren im Ghetto bis auf den heutigen Tag hinterlassen haben. Neben kleineren öffentlichen Bauten und der Vereinheitlichung des bis dahin eher wildwüchsigen Straßensystems im Ghetto, liess er auch die Umgehung der Altneusynagoge neu gestalten und finanzierte in seiner Nähe das Jüdische Rathaus und die Neue Hohe Synagoge. Der Bau einer nach ihm benannten Synagoge verschlang die damals ungeheure Summe von 10.000 Taler und an der Stelle wo heute die Klausensynagoge steht, liess Maisl ein "Haus zur Versammlung der Weisen" errichten. Doch auch ein Frauenbad, ein Spital für Arme und Kranke oder der Kauf wertvoller Thorarollen für ferne Synagogen in Polen oder Jerusalem zeugen von der Wohltätigkeit dieses geschäftstüchtigen Mannes.