Gotik in Prag – Architektur der Hochblüte
Die gotische Architektur prägte Prag wie kaum eine andere Epoche. Unter der Herrschaft Karls IV. wurde die Stadt im 14. Jahrhundert zum kulturellen Zentrum Mitteleuropas, was sich bis heute in zahlreichen erhaltenen Bauwerken widerspiegelt. Neben monumentalen Kirchen wie dem Veitsdom entstanden Stadttore, Brücken, Rathäuser und Synagogen mit typischen Merkmalen wie Spitzbögen, Maßwerkfenstern und Gewölbesystemen. Diese Auswahl zeigt zehn herausragende Beispiele gotischer Bausubstanz in Prag – quer durch Sakral- und Profanarchitektur, vom weltberühmten Veitsdom bis zur Altneu-Synagoge im ehemaligen jüdischen Viertel.
Alena erklärt die Gotik
Die gotische Architektur entwickelte sich in Prag ab dem 13. Jahrhundert mit Einflüssen aus Frankreich und Süddeutschland. Typisch sind Spitzbögen, Kreuzrippengewölbe, Maßwerkfenster und ein starker Hang zur Vertikalisierung – sichtbar in schlanken Türmen, Pfeilerbündeln und hochgezogenen Fassaden. Polygonale Chöre mit Umgang, Strebepfeiler mit Fialen und Rosettenfenster prägen viele Sakralbauten. Besonders im Veitsdom zeigt sich der Wechsel von der französisch beeinflussten Frühgotik zur spätgotischen Baukunst der Parlerschule mit skulptural reichem Figurenschmuck.
Wer mehr über die Gotik in Prag erfahren möchte, empfehle ich folgende Führungen:
Der Veitsdom
Pražský hrad, III. nádvoří 48/2, 119 01 Praha 1
Der Veitsdom ist das bedeutendste gotische Bauwerk in Tschechien und Herzstück der Prager Burg. Ab 1344 nach französischem Vorbild begonnen, prägten ihn maßgeblich Matthias von Arras und Peter Parler. Besonders eindrucksvoll sind das Sternnetzgewölbe, die Wenzelskapelle und das Goldene Tor mit dem Mosaik des Jüngsten Gerichts. Die Kathedrale war Krönungskirche und Grablege der böhmischen Könige.
Der Altstädter Brückenturm
Karlova, 110 00 Praha 1 – Altstadt
Dieser um 1370 errichtete Torturm gehört zu den schönsten gotischen Stadttoren Europas. Er markiert den Eingang zur Altstadt von der Karlsbrücke aus und ist reich mit Wappen und Herrscherfiguren geschmückt. Die ikonografische Gestaltung diente der Repräsentation der Luxemburger Dynastie. Der Turm wurde von der Parler-Bauhütte entworfen.
Die Karlsbrücke
Karlův most, 110 00 Praha 1 – Altstadt / Kleinseite
Die Karlsbrücke ersetzte ab 1357 die frühere Judithbrücke und wurde als Steinbogenbrücke nach römischem Vorbild errichtet. Sie verbindet Altstadt und Kleinseite und war lange die einzige feste Moldauquerung. Die gotischen Brückentürme sowie Pfeiler und Fundamentstruktur sind original erhalten. Die heute sichtbaren Barockstatuen kamen erst später hinzu.
Die Teynkirche
Altstädter Ring, 110 00 Praha 1
Die Doppelturmkirche am Altstädter Ring ist eines der bekanntesten Wahrzeichen Prags. Ihr Bau begann im 14. Jahrhundert und wurde über 150 Jahre fortgesetzt. Die Kirche beherbergt das Grab des Astronomen Tycho Brahe und besitzt ein Netzgewölbe sowie bedeutende gotische Skulpturen. Die spätgotische Innenausstattung wurde im Barock kaum verändert.
Der Prager Pulverturm
Platz der Republik 5, 110 00 Praha 1 – Neustadt
Der Pulverturm entstand ab 1475 als repräsentatives Stadttor im spätgotischen Stil. Ursprünglich sollte er das königliche Eingangstor zur Altstadt werden. Sein plastischer Figurenschmuck mit Wappen, Königsfiguren und Aposteln ist ein typisches Beispiel für die Gotik der Vladislav-Zeit. Später diente der Turm als Lager für Schwarzpulver – daher der Name.
Das Agneskloster
U Milosrdných 17, 110 00 Praha 1 – Altstadt
Das von der Přemyslidin Agnes von Böhmen gegründete Doppelkloster ist das älteste erhaltene gotische Kloster Tschechiens. Es wurde ab ca. 1230 errichtet und umfasst einen Nonnenchor, eine Heiligkreuzkapelle und einen Kreuzgang. Die Architektur folgt noch der Frühgotik französischer Prägung. Heute ist es Teil der Nationalgalerie mit mittelalterlicher Kunst.
Das Palais Waldstein
Valdštejnské náměstí 17/4, Praha 1 – Malá Stran
Der erste monumentale Barockpalast Prags entstand für Albrecht von Wallenstein zwischen 1624 und 1630. Die Anlage umfasst prachtvolle Säle, eine Sala terrena und einen Garten mit Arkaden und künstischer Grotte. Heute Sitz des tschechischen Senats. Der Garten ist öffentlich zugänglich und zählt zu den eindrucksvollsten in Prag.
Das Altstädter Rathaus
Altstädter Ring 1/3, 110 00 Praha 1 – Altstadt
Das Rathaus wurde ab 1338 aus mehreren Bürgerhäusern zusammengefügt und erweitert. Es umfasst einen 69 Meter hohen gotischen Turm, eine spätgotische Ratskapelle sowie Kellergewölbe. Die astronomische Uhr wurde 1410 erstmals installiert und 1490 um ein Kalendarium ergänzt. Der gotische Gebäudekern blieb trotz späterer Anbauten erhalten.
Die Bethlehemskapelle
Betlémské náměstí 255/4, 110 00 Praha 1 – Altstadt
Die Predigtkapelle wurde 1391 gegründet und war Hauptwirkungsort von Jan Hus. Die gotische Kapelle war für Laien gedacht und bietet bis heute original erhaltene Strukturen und Formen. Der schlichte Saalbau mit Maßwerkfenstern wurde im 20. Jahrhundert rekonstruiert, wobei Teile der Substanz bewahrt blieben. Sie ist heute Gedenk- und Veranstaltungsort.